Eigenverantwortliches Denken und Handeln, das Trainingsraum - Konzept

Die Umdeutung von Störungen

Lern- und Verhaltensstörungen sind mehr als vom Schüler bewusst und gewollt eingesetzte Abweichungen von der sozialen Norm. Sie sind häufig ein Hinweis darauf, dass es in der Sozialisation des Schülers erhebliche Beeinträchtigungen gibt. Daher gilt es, Störungen umzudeuten:

 

  •    Störungen sind offene und verdeckte Botschaften
     
  •    Der Schüler stört, weil er etwas bezwecken bzw. erreichen will.
     
  •    Der Schüler stört, weil ihn ‚etwas’ zum Störer macht.
     
  •    Wenn Störungen Botschaften sind, gilt es, diese zu entschlüsseln.
     
  •    Diejenigen, die lernen wollen, müssen störungsfrei lernen können. 

                                                                                                           (nach Miller 2000, S. 37ff)

 

Das Trainingsraumkonzept soll langfristig zu einer grundlegenden Verbesserung der Unterrichtsbedingungen führen. Durch Störungen von Schülern geht täglich kostbare Unterrichtszeit verloren, die Unterrichtsatmosphäre wird erheblich beeinträchtigt und manche Unterrichtsziele sind gefährdet.

Unter den Störungen leiden Lehrer wie Schüler. Lehrer sind unzufrieden mit dieser Situation, weil die Störungen Zeit zur Vermittlung wichtiger Unterrichtsinhalte und Erziehungsziele rauben. Aber auch die Schüler leiden unter diesen Störungen, weil sie die Lernvoraussetzungen erheblich beeinträchtigen. Vor allem aber die Störenfriede geraten schnell in eine Sackgasse, weil der Unterrichtsalltag kaum Möglichkeiten zulässt, die Ursachen für das Störverhalten aufzuarbeiten.

 

Zielsetzung, Umfang und Ablauf des Projekts

Ein wesentliches Ziel des Projektes ist es, die lernbereiten Schüler zu schützen und ihnen entspannten, ungestörten Unterricht anzubieten. Ein weiteres Ziel besteht darin, den häufig störenden Schülern zu helfen, ihr Sozialverhalten und ihre Lernbereitschaft zu verbessern.
 

Daraus ergeben sich "Grundrechte" für den Unterricht:
 

  1.    Jeder Schüler, jede Schülerin hat das Recht auf einen guten Unterricht und die Pflicht, diesen störungsfrei zu ermöglichen.
     
  2.    Jeder Lehrer, jede Lehrerin hat das Recht auf einen störungsfreien Unterricht und die Pflicht, diesen gut zu gestalten.
     
  3.    Rechte und Pflichten von Lehrern und Schülern müssen von allen gewahrt, respektiert und erfüllt werden.
     

Das Projekt "Trainingsraum" basiert auf dem Programm des "Eigenverantwortlichen Denkens".

Wesentliche Grundregeln sind:

  1.    Jeder Einzelne entscheidet aktiv mit, wie er sich entwickelt
     
  2.    Jede Gemeinschaft braucht für ein friedliches Zusammenleben und erfolgreiches Arbeiten bestimmte Grenzen, die durch allgemein-gesellschaftlich akzeptierte Regeln gesetzt werden, aus der sich Pflichten und Rechte ergeben.
     
  3.    Ziele des Programms sind deshalb:
    • verantwortlich zu denken
    • Entscheidungen zu treffen
    • darüber nachzudenken, was man eigentlich will
    • sich klar zu werden über die Folgen des eigenen Tuns
       

Die Lehrer lernen, Verantwortung abzugeben   à Entlastung.

Das Programm wird jeweils am Ende des 1. Halbjahres der 5. Klasse in einer Präventionsreihe vorbereitet. In dieser Reihe geht es um soziales Kompetenztraining (Kennen lernen, Selbst- und Fremdwahrnehmung, etc.), das im Konzept des Eigenverantwortlichen Denkens mündet. 

Zu erreichen sind die Grundrechte durch bestimmte Klassenregeln im Unterricht:

  • Ich bin verantwortlich für das, was ich tue 
  • Ich erscheine pünktlich zum Unterricht
  • Ich vermeide alles, was den Unterricht stört
  • Ich höre zu, wenn andere sprechen
  • Ich achte das Eigentum anderer
  • Ich gehe rücksichtsvoll mit anderen um und verzichte auf körperliche und sprachliche Gewalt
  • Ich befolge die Anweisungen des Lehrers/der Lehrerin

Bei der Einführung des Trainingsraumkonzeptes werden die drei genannten Grundrechte in jeder beteiligten Klasse vorgestellt und besprochen. Diese Rechte sollen grundsätzlich einen respektvollen Umgang zwischen allen Beteiligten in der Schule sicherstellen. Über diese Rechte wird nicht abgestimmt, weil es zum Grundsatz des respektvollen Umgangs keine Alternative gibt.

Ablauf des Projekts

Wenn Schüler mehrmals Regeln nicht einhalten und damit den reibungslosen Unterrichtsablauf stören, werden sie respektvoll ermahnt und veranlasst, sich zu entscheiden, ob sie sich an die Regeln halten oder in den Trainingsraum für "Eigenverantwortliches Denken" gehen. Nach ein oder zwei Ermahnungen wird nach nochmaliger Störung eine „gelbe Karte“ vergeben. Wenn trotz dieser letzten Warnung immer noch gestört wird, erhält der Schüler/in eine „rote Karte“ und muss den Trainingsraum aufsuchen.


Im Trainingsraum können sie über ihr Verhalten nachdenken. Sie müssen sich dort solange aufhalten, bis sie einen schriftlichen Plan erstellt haben, wie sie sich in Zukunft an die Regeln halten wollen. Sie erstellen diesen Plan mit der Hilfe eines Trainingsraumlehrers. Mit dem ausgearbeiteten Plan sollen sie zeigen, dass sie wieder willens sind, ohne zu stören am Unterricht teilzunehmen. Sie kehren zum jeweiligen Fachlehrer zurück und besprechen ihren Plan mit ihm und vereinbaren Wege zur Umsetzung des Plans. 

Wenn ein Schüler im Trainingsraum weiter stört oder nicht bereit ist, einen Plan zu erstellen, wird er wiederum respektvoll ermahnt und veranlasst, selbst zu entscheiden, ob er sich an die Regeln halten will oder nicht. Falls er der Regeleinhaltung nicht zustimmt, werden die Eltern telefonisch informiert und der Schüler wird nach Hause geschickt. Er muss dann am Folgetag in Begleitung eines Erziehungsberechtigten in der Schule erscheinen. In diesem Falle wird dann auch die aktive Mitarbeit der Eltern wichtig: Erziehungsberechtigte und Schüler müssen in einem Gespräch mit einem Trainingsraumlehrer oder eventuell mit der Schulleitung die Situation besprechen und der Schüler muss seinen Rückkehrplan im Trainingsraum erstellen. Danach kann er wieder am regulären Unterricht teilnehmen. 

Nach der dritten roten Karte werden automatisch die Eltern von dem Trainingsraum Lehrer telefonisch oder schriftlich über das mehrmalige Vergehen informiert und in die Schule gebeten, um eine Lösung dieses Problems zu besprechen. Im weiteren Verlauf wird die Schulleitung eingesetzt und es kommt möglicherweise zu einem temporären Schulverbot und/oder Klassenwechsel. Ändert sich das Verhalten des Schülers/in trotzdem nicht, ist die Schule dazu gezwungen einen Klassenkonferenz einzuberufen.

Dem Schüler sollte damit auch deutlich werden, dass der Besuch des Unterrichts kein selbstverständliches Recht, sondern eine Leistung des Staates gegenüber dem Bürger ist. Diese Leistung setzt allerdings die Anerkennung der Rechte und Pflichten eines jeden sowie die Anerkennung der vereinbarten Regeln voraus. 

Soweit diese ersten Informationen über unser Trainingsraumprojekt, das ja schon bald auch für ihre Kinder beginnen wird. Wir hoffen auf gutes Gelingen und eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten. 

 

Der Weg zur Verhaltensänderung


Verhalten wahrnehmen >>>>> Verhalten reflektieren >>>>> Verhalten ändern


Im Trainingsraum erfolgt die Reflexion des Schülers über sein Verhalten sowie die Motivation zu einer Verhaltensänderung.

Ziel ist es in jedem Fall, das Schülerbewusstsein für Regeln, Regeleinhaltung und Regelverletzung zu stärken und die Schüler zur Selbstverantwortung zu motivieren. 

Eigenverantwortlich denken und handeln

  • Jeder ist nur für sein eigenes Tun verantwortlich.
  • Die Lehrerinnen und Lehrer sind für das Lehren verantwortlich.
  • Die Schülerinnen und Schüler sind für das Lernen verantwortlich. Lernen ist Selbstorganisation.
  • Erziehung heißt, aus der Abhängigkeit hin zur Selbständigkeit und Eigenverantwortung führen